Die Experimente, die am 28.01.2023 und am 21.02.2023 durchgeführt wurden, beschäftigen sich mit der bronzezeitlichen Produktion von Fäden für
Textilprodukte. Grundlage für die Experimente, ist die vorangegangene Bachelorarbeit “Die spinnen, die Nuragher: Die Spinnwirtel und die lokale Textilproduktion des villaggio von Grutti Acqua auf Sardinien, Italien”, die im Rahmen des DFG-Projektes Making Landscapes unter der Leitung von Prof. Dr. Constance von Rüden verfasst wurde. In der Arbeit wurden die Spinnwirtel, die während der Ausgrabungen zwischen 2019 und 2021 gefunden wurden, bearbeitet.
Das Material, welches zum Spinnen genutzt wurde, sollte aufgrund des Gewichtes der Spinnwirtel, schwer gewesen sein. Dabei könnte es sich wahrscheinlich um tierische Wolle gehandelt haben, die vorher nur sehr grob gereinigt wurde und nicht gründlich ausgekämmt wurde.
Ziel war es, eine low-whorl Spindel herzustellen, bei der sich der Spinnwirtel am unteren Teil der Spindel befindet. Um das Holz zurecht zu schnitzen, wurde ein industrielles, modernes Schnitzmesserfür Holz verwendet. Eine unerfahrene Person brauchte mit dem Messer etwa eine halbe Stunde, um eine Spindel herzustellen. Am Ende wurden zwei in etwa 30 Zentimeter lange Äste hergestellt und benannt. Spindel A war das zurecht geschnitzte Exemplar, welches am oberen Teil einen Durchmesser von 0,8 Zentimetern hatte. Spindel B wurde naturbelassen.
Um die Spinnwirtel herzustellen, wurde industrieller Ton verwendet mit einer 20% Schamottierungmit einer Stärke von 0,05 mm und einem Brennbereich von 1000-1250°. Er erreicht seine Dichte ab 1200°. Es wurden 12 Spinnwirtel geformt, die mit den römischen Ziffern I bis XII betitelt und gekennzeichnet wurden. Die Spinnwirtel I bis VI wurden vor dem Formen im feuchten Zustand gewogen. Die Spinnwirtel VII bis XII wurden nach Gefühl geformt, um herauszufinden, ob eine Annäherung durch Übung möglich ist.
Zur Vorerfahrung der Töpfern: es handelt sich hierbei um Töpfern mit recht kleinen Händen. Es gibt faktisch keine Vorerfahrung mit dem Formen von Ton. Der Ton war recht einfach zu formen, vor allem nachdem er etwas von der Körperwärme angenommen hat. Sobald Wasser hinzugefügt wurde, war die Konsistenz deutlich weicher geworden, aber konnte dennoch seine Form halten. Durch das Wasser entstanden am Arbeitsplatz viele Wassertropfen, die mit Ton getränkt waren. Generell war die Arbeit auch bei größerer Mühe nicht besonders sauber, was an mangelndem Fachwissen liegen könnte. Das Formen des Tones gestaltete sich als wesentlich schwerer als erwartet. Sowohl bei den Gruppe I-III und IV-VI war die Tonmenge in der Hand recht gering, sodass sich die leichteste Druckausübung mit den Händen sofort auf die Form auswirkte. Noch schwieriger wurde es bei der Erstellung des Spindelkanals. Hierfür wurde die dünnste Spitze der Spindel verwendet. Da der Ton relativ leicht aus der Hand rutschte, und sich leicht verformte, war die Durchbohrung nicht sehr leicht. Am Ende entwickelte die Töpfern eine Technik, bei der die Spindel mit den Oberschenkel gehalten wurde und der Spinnwirtel langsam mit der gesamten Handfläche auf die Spindel gedrückt wurde. Als der Spinnwirtel komplett durchbohrt war, wurde überschüssiger Ton am oberen Teil der Spinden entfernt, damit dieser nicht am Wirtel kleben bleiben würde, und der Spinnwirtel wurde abgezogen. Der nach außen gewölbte Ton wurde am Spinnwirtel glatt gestrichen, sodass das Ergebnis den Vorlagen wirklich ähnelte.
Die Töpferin stand vor der Herausforderung, ohne jegliche Vorkenntnisse die Spindel in Betrieb zu nehmen. Schnell stellte sich heraus, dass eine Einkerbung in den oberen Teil der Spindel gemacht werden musste, wo die Rohwolle befestigt wurde. Zusätzlich wurde sie Ein- bis Zweimal um die Einkerbung gewickelt, wo sie sich festhaken konnte. Dies funktionierte nur mit der Rohwolle. Die fein bearbeitete Füllwolle riss sofort bei jeglichen Versuch, sie entweder an der Spindel zu befestigen oder spätestens bei dem Versuch, die Spindel an der Wolle hängen zu lassen. Weitere Versuche beinhalten das Abrollen der Spindel vom Oberschenkel. Hierdurch drehte sich die Spindel im Schnitt für ca. 3-5 Sekunden durchgängig. Diese Methode war sowohl die effizienteste als auch angenehmste, da man diese auch in einer sitzenden Position ausführen konnte.
Das Experiment sollte zum einen ermitteln, wie leicht die Produktion von Spinnwirteln wirklich ist. Zum anderen sollte versucht werden zu erfahren, wie einfach der Prozess des Spinnens mit bloßem Basiswissen erlernt werden kann .
Bezüglich der Wolle wurde schnell klar, dass eine annähernde Rohwolle besser zum Spinnen geeignet ist, als sehr feine Wolle. Die Rohwolle ist aufgrund ihres Filzgehaltes dazu geneigt, eher aneinander haften und reißt weniger leicht. Die produzierten Fäden sind ähnlich wie in der grundlegenden Arbeit vermutet wurde ebenfalls filzig, sodass sich einzelne Härchen vom Faden sichtbar machen.
Den Prozess des Spinnens selber verinnerlicht selbst ein Anfänger schnell. Vor allem das Abrollen über den Oberschenkel ist ein intuitiver Vorgang. Dennoch erfordert es ein gewisses Maß an Konzentration und vor allem Erfahrung.